Deutsches Justizministerium legt Entwurf für Whistleblower-Gesetz vor

Whistleblower in Deutschland können auf bessere Zeiten hoffen - zumindest die Mehrzahl von ihnen: Das Bundesjustizministerium hat erstmals einen Gesetzesentwurf zum Schutz von Enthüllungen im öffentlichen Interesse in Umlauf gebracht. Das Gesetz zielt darauf ab, die EU-Richtlinie 2019/1937 zum Schutz von Hinweisgebern umzusetzen, und wird hierzulande das erste eigenständige Gesetz sein, das Personen, die Missstände melden, vor Vergeltungsmaßnahmen schützt. In Deutschland gab es zahlreiche hochkarätige Fälle von Whistleblowern in verschiedenen Sektoren, von der Altenpflegerin Brigitte Heinisch, die vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zog, bis hin zu Pav Gill, der den betrügerischen Finanzdienstleister Wirecard zu Fall brachte und damit die Finanzaufsichtsmechanismen in Frage stellte.

Wenig überraschend hat der deutsche Gesetzgeber beschlossen, sich eng an die EU-Vorgaben zu halten - bis auf einen entscheidenden Aspekt: Während die Richtlinie nur geschützte Meldungen von Angelegenheiten vorsieht, die unter EU-Recht fallen, hat das deutsche Justizministerium im Einklang mit internationalen Empfehlungen beschlossen, auch Meldungen von Verstößen gegen nationales Recht zu schützen. Dieser wichtige Zusatz führt eine zusätzliche Ebene der Rechtssicherheit für nicht alle, aber viele Whistleblower ein.

Es gibt weitere Bereiche, in denen eine Abweichung von den unmittelbaren EU-Anforderungen zu begrüßen gewesen wäre. Enthüllungen über Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und Verteidigung, die von den EU-Rechtsvorschriften nicht berührt werden, bleiben nach deutschem Recht ungeschützt. Dies bedeutet, dass Korruption und Fehlverhalten in den nationalen Sicherheitsdiensten, einschließlich der Armee und deren Dienstleistern, wahrscheinlich weiterhin nur schwer ans Licht gebracht werden können. Eine gefährliche Praxis: In den letzten Jahren haben eine Reihe von Vorfällen von öffentlichem Interesse, wie z.B. rechte Netzwerke in der Spezialeinheit KSK oder die Beschaffung mangelhafter Waffen in der Armee, für Schlagzeilen gesorgt.

Das grösste Manko des Entwurfs liegt im Ausschluss anonymer Hinweise: Unternehmen und Behörden sind nicht nur nicht verpflichtet, anonyme Kanäle zur Verfügung zu stellen, sie sind auch berechtigt, anonyme Meldungen einfach zu ignorieren. Gerade letzteres birgt die große Gefahr, dass entscheidende Informationen über erhebliches Fehlverhalten verloren gehen. Whistleblower neigen nur dann dazu, anonym zu bleiben, wenn besonders viel auf dem Spiel steht, aber in vielen Fällen, wie dem Wirecard-Skandal oder der Dieselgate-Affäre, sind ihre Beiträge entscheidend für die Aufdeckung von erheblichen Missständen.

Es wird nun an der Zivilgesellschaft und den Parlamentariern liegen, den Entwurf im Laufe der parlamentarischen Debatte zu verbessern, um sicherzustellen, dass Deutschlands erstes Whistleblower-Regelwerk hohen Anforderungen an den Schutz des öffentlichen Interesses erfüllt. Blueprint hat eine ausführliche Stellungnahme zu dem Entwurf abgegeben, der hier verfügbar ist.

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