Deutsches Justizministerium einigt sich auf Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie
Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hat das deutsche Justizministerium einen ersten Entwurf für ein umfassendes nationales Whistleblower-Schutzgesetz fertiggestellt. Der Entwurf ist eine Reaktion auf die Verpflichtung aller EU-Mitgliedsstaaten, eine Gesetzgebung einzuführen, die der im letzten Jahr verabschiedeten EU-Whistleblowing-Richtlinie entspricht. Die EU-Länder haben bis Dezember 2021 Zeit, die Richtlinie umzusetzen, bei Verzögerungen drohen den jeweiligen Ländern Strafzahlungen.
Zum Glück für zukünftige deutsche Whistleblower löst der Entwurf eine der größten Herausforderungen der Richtlinie positiv. Aufgrund des begrenzten rechtlichen Mandats der EU schützt die Richtlinie selbst nur Whistleblower, die Verstöße gegen Unionsrecht melden. Um eine Gleichbehandlung aller Hinweisgeber zu gewährleisten, hatten Brüsseler Gesetzgeber, Zivilgesellschaft und andere Experten dringend empfohlen, den sachlichen Geltungsbereich bei der Umsetzung auf Verstöße gegen nationales Recht auszuweiten. Im Sommer lehnte das deutsche Wirtschaftsministerium Berichten zufolge einen solchen Ansatz ab. Der jüngste Vorschlag von Justizministerin Christine Lambrecht scheint nun trotzdem den internationalen und EU-Empfehlungen zu folgen.
Andere Unzulänglichkeiten bleiben: Whistleblowing in Angelegenheiten der nationalen Sicherheit bleibt von der Liste der geschützten Offenbarungen ausgenommen. Das ist eine verpasste Chance, wenn man die Zunahme rechter Netzwerke bei der deutschen Polizei bedenkt. Anfang des Jahres hatte eine bundesweite Umfrage ergeben, dass zwei von drei Bundesbürgern die Einrichtung eines unabhängigen Kontrollmechanismus für polizeiliches Fehlverhalten befürworten.
Als problematisch könnten sich zudem die vorgesehenen Regelungen zu anonymen Hinweisen erweisen: "Um das neue Hinweisgeber-Schutzsystem nicht zu überlasten", wie es im Entwurf heißt, muss anonymen Hinweisen nicht nachgegangen werden. In Anbetracht der Tatsache, dass sich eine beträchtliche Anzahl von Whistleblowern sicherer fühlt, wenn sie eine anonyme Meldung machen, könnte der deutsche Ansatz dazu führen, dass wichtige Meldungen übersehen werden.
In Deutschland gibt es bisher kein umfassendes Whistleblower-Schutzgesetz. Es gelten die Regelungen nach EU-Recht zum Whistleblowing im Finanzsektor. Ansonsten werden Whistleblower-Fälle von den Gerichten entschieden – meistens zum Nachteil der Hinweisgeber.